Vera Kupper Staub
Wie sind Sie zur höchsten Überwachungsposition in der Beruflichen Vorsorge gekommen? In dieser Funktion sind Sie befugt gegenüber Akteuren wie zum Beispiel den kantonalen BVG-Aufsichtsbehörden, Revisionsstellen und Experten für berufliche Vorsorge Weisungen zu erteilen.
Vorsorgeeinrichtungen haben mich während meiner ganzen beruflichen Karriere begleitet. Zuerst war ich in beratender Funktion bei der ECOFIN tätig, dann in der externen Vermögensverwaltung bei der UBS und schliesslich als Geschäftsleitungsmitglied und Leiterin des Anlagebereichs bei der Pensionskasse der Stadt Zürich (PKZH). Ab 2012 durfte ich als Vizepräsidentin beim Aufbau der OAK BV mitarbeiten. Auf Anfang 2020 habe ich das Präsidium der Kommission übernommen. Dabei möchte ich betonen, dass Entscheidungen der OAK BV immer nach umfassenden Abklärungen und Diskussionen im Plenum gefällt werden.
Die OAK BV ist den Versicherten in der beruflichen Vorsorge nicht unbedingt bekannt. Was ist ihre Funktion?
Die OAK BV ist eine von Weisungen des Parlaments und des Bundesrates unabhängige Behördenkommission. Ihre Hauptaufgabe ist es, bei den acht regionalen BVG-Aufsichtsbehörden für eine einheitliche Aufsichtspraxis zu sorgen. Dafür ist sie diesen gegenüber weisungsbefugt. Ebenfalls weisungsbefugt ist die OAK BV gegenüber den beiden Kontrollorganen der Vorsorgeeinrichtungen, das heisst gegenüber deren Revisionsstellen und Expertinnen und Experten für berufliche Vorsorge. Für Letztere ist sie auch Zulassungsbehörde. Die OAK BV zeichnet somit im Bereich der Aufsicht der beruflichen Vorsorge für Einheitlichkeit und Qualitätssicherung verantwortlich. Zusätzlich werden die Anlagestiftungen sowie die Stiftung Sicherheitsfonds BVG und die Stiftung Auffangeinrichtung BVG von der OAK BV direkt beaufsichtigt.
Wie schafft es die OAK BV, den Puls der PK-Landschaft zu fühlen?
Die OAK BV steht in Dialog mit den Organisationen und Verbänden aus dem Bereich der beruflichen Vorsorge. Kommissionsmitglieder und Mitarbeitende des Sekretariats nehmen regelmässig an Veranstaltungen im Bereich der beruflichen Vorsorge teil, um zu erfahren, was die Vorsorgeeinrichtungen aktuell beschäftigt. Mit den regionalen Aufsichtsbehörden treffen wir uns regelmässig, diskutieren aktuelle Fachthemen und arbeiten in Arbeitsgruppen zusammen. Zudem führt die OAK BV zu Weisungsentwürfen jeweils öffentliche Anhörungen durch.
Wie beurteilen Sie die seit 20 Jahren andauernde Marktkonsolidierung?
Der fortschreitende Konzentrationsprozess ist für den gesamten Bereich der beruflichen Vorsorge von zentraler Bedeutung. Es gibt immer weniger firmeneigene Vorsorgeeinrichtungen, während die Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen stark wachsen. Mittlerweile sind über 70 Prozent der Aktivversicherten bei ihnen versichert. Die Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen sind sehr heterogen und im Vergleich zu einer firmeneigenen Vorsorgeeinrichtung ist eine wirkungsvolle Governance oft herausfordernder: einerseits aufgrund von möglichen Konflikten zwischen den Interessen der Betreibergesellschaften und jenen der Versicherten, andererseits aufgrund von teilweise deutlich komplexeren Strukturen. Solche Umstände stellen höhere Anforderungen an die Aufgaben der obersten Organe und der Aufsichtsbehörden.
«Die anhaltende Marktkonsolidierung und eine mangelnde Digitalisierung fordern die zweite Säule heraus.»
Welches sind die grössten Herausforderungen für die OAK BV? Für die zweite Säule?
Ich sehe zwei grosse Herausforderungen für die zweite Säule: Zum einen die Digitalisierung – eine operationelle Herausforderung. Obwohl die zweite Säule ein Bereich ist, der von der Digitalisierung massiv profitieren könnte, steckt diese noch in den Kinderschuhen; nicht nur bei den Vorsorgeeinrichtungen, sondern auch im Aufsichtssystem. Zum anderen bei der vorher diskutierten Konsolidierung und der politisch gewollten Miliztauglichkeit des Systems – eine Herausforderung für die Governance der Einrichtungen wie auch für die Gesetzgebung. Diesen Spagat zu lösen, wird nicht einfach sein.
Auf welche markanten Errungenschaften in den letzten zwölf Jahren kann die OAK zurückblicken?
Hervorzuheben ist einerseits die Früherhebung zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen, welche die OAK BV eingeführt hat und deren Auswertung sie jährlich publiziert. Damit ist eine zeitnahe und zukunftsgerichtete Beurteilung der Sicherheit der finanziellen Interessen der Versicherten möglich. Andererseits unternahm die OAK BV Schritte zur verbesserten Qualitätssicherung bei Revisionsstellen und Experten für berufliche Vorsorge. Ein zentrales Thema, da sich das oberste Organ und die Aufsichtsbehörden weitgehend auf den Berichten dieser beiden Kontrollorgane abstützen. Zudem hat die OAK BV die Kostentransparenz bei den Vermögensanlagen erhöht. Und zwar indem sie präzisiert hat, welche Qualitätsanforderungen die ausgewiesenen Vermögensverwaltungskosten von kollektiven Anlagevehikeln wie Anlagestiftungen oder Hedge Funds erfüllen müssen, damit sie in der Jahresrechnung der Vorsorgeeinrichtungen integriert werden dürfen und die Anlage entsprechend als «kostentransparent» gilt. Des Weiteren konnte sich die OAK BV in den ersten zwölf Jahren ihrer Tätigkeit als effiziente Aufsichtsbehörde der Anlagestiftungen etablieren.
Dr. Vera Kupper Staub mit Jahrgang 1967 ist seit 2020 Präsidentin der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV). Sie studierte Volkswirtschaft und dissertierte an der Uni Zürich im Bereich Finanzmarkttheorie.
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